Wie Wien eine kulinarische Weltstadt wurde. Ach, Wien. Über die Landesgrenzen hinaus hat die Donaumetropole einen Ruf für unvergleichliche Gerichte und ihren erlesenen Geschmack. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, die Wiener Küche mit der ihr gebührenden Grandezza wieder aufzudecken. Gulasch, Rindfleisch, Strudel, Assietten und unzählige Schmankerl mehr lassen sich mit der Karte des Meissl & Schadn wieder bestellen.
Kitsch und Titel hat man hier immer geliebt, das mit der Wiener Küche ist etwas Anderes. Die Wiener Küche ist was diese Stadt, wenn nicht das ganze Land an einen Tisch bringt. Woher haben wir sonst den Wiener Charme? Eben. Diese Küche ist bodenständig. Nicht nur, weil man nach dem Essen nicht so schnell aufstehen mag. Sie ist auch gehoben, weil sie uns die Motivation für neue Ziele gibt. Die Wiener Küche stillt nicht den Hunger, sie füllt hungrige Herzen wieder auf.
Die Wiener Küche ist etwas ganz Besonderes, das geht schon von ihrem Namen aus. Es ist die einzige Küche weltweit, deren Name sich nach der Stadt und nicht dem Land oder der Region richtet. Die Wiener Küche ist nämlich nicht bloß ein Teil der österreichischen Küche, sie ist ein Kompott aus ganz speziellen Traditionen. In der Hauptstadt wurden Rezepte neu gedacht und Zutaten frei kombiniert. Beweisfotos von damals lassen sich auf Instagram nicht finden. Schade eigentlich.
Dass die Wiener Küche ihren eigenen Namen trägt, geht auf ihre Geschichte zurück. Viele Städte rühmten sich im Laufe der Zeit als Schmelztiegel. Im Falle von Wien im 20. Jahrhundert kann man gleich von einem Kochtopf sprechen. In dem damaligen Zentrum des k.u.k.-Vielvölkerreichs fand sich eine einzigartige Verbindung an Kulturen, Ideen, Religionen und somit auch Speisen. Die wurden in der Küche gerne empfangen und nachgekocht, um dann im Wiener Remix auf den Tellern der Stadt zu landen.
Das erste Mal wurde die Wiener Küche im 15. Jahrhundert im Dorotheenklosterkochbuch schriftlich erwähnt, ab dann hat man unter dem Begriff von immer mehr Gerichten gesprochen. Lokalpatriotisch ging man mit vielen Speisen um. Als Residenzstadt der Habsburger wurden viele Gerichte namentlich der Hauptstadt, dem Kaiser oder Adeligen aus dem Herrscherhaus gewidmet. Durch den starken Austausch mit den vielen Gebieten der Habsburger wurde in der Wiener Küche auch gerne von anderen Kulturen importiert.
Liebe geht bekanntlich durch den Magen und zum Essen sagten wir Österreicher immer gerne "Ich will!" 1913 stellte das Ehepaar Hess, quasi der Gastronomie-Adel von Wien, vor dem Ende der Habsburgermonarchie fest: „Wien ist nicht mehr Hauptstadt eines großen Reiches, aber seine Kochkunst regiert dort weiter, wo seine politische Diplomatie gescheitert ist.“
Die Wiener Küche wurde um 1896 definiert und darf sich wohl als die erste weltoffene Küche bezeichnen. Aber ganz ehrlich: vieles von dem, was heute als traditionell österreichisch bezeichnet wird, haben wir nachgemacht. Oder sagen wir verfeinert. Aus Ungarn wurden etwa Gulasch, Palatschinken, die Dobosschnitte oder Buttercreme eingeführt. Der Liptauer fand seinen Weg aus der Slowakei aufs Brot, ihr Nuss- und Mohngebäck in die Bäckereien. Aus Polen kamen vermehrt rote Rüben oder Gemüse mit Bröseln und Butter dazu.
Durch Kroatien lernten wir Reisfleisch, Meeresfrüchte und faschiertes Fleisch lieben. Mit Italien fanden wir zu Makkaroni, Parmesan, Salami und Gefrorenem. Dank dem Küstenland bei Friaul und Triest fingen wir Sardellen und Polenta, sowie Rohschinken oder Austern auf. Frankreich gegenüber haben wir uns wiederum für viele Pasteten, Ragoûts, Rouladen und Fricassées erkenntlich zu zeigen - Merci, Cherie.
In Wien wurde ein "Best of" der österreichischen Küche zusammengestellt. Eigenheiten und Delikatessen der Bundesländer wurden dankend aufgenommen und in neuen Rezepten wieder zurück gebracht. Dr. Hans Bernert schrieb dazu 1981 trocken: „Vielleicht erwarten Sie jetzt, etwas über die österreichische Küche zu erfahren. Leider muß ich Sie enttäuschen, und zwar aus dem einfachen Grund, weil es eine österreichische Küche gar nicht gibt, nie gegeben hat, und aller Wahrscheinlichkeit nach auch in Zukunft nicht geben wird.“ So wurde stattdessen eben die Wiener Küche in der Welt als kosmopolitisch und umfassend bekannt.
Auf Spurensuche im heutigen Bezirk 1010 Wien konnten wir viele ursprüngliche und unverfälschte Rezepte für unser Restaurant wiederentdecken, wie die Altwiener "Einschiebspeisen" - Assietten genannt. Sie zeigen wie facettenreich die kulinarischen Experimente hier in der Hauptstadt Wien schon waren. Als Tapas sind die kleinen Portionen bitte niemals zu bezeichnen.
Wiener Beinschinken mit Krenrahm und Ei war immer schon ein festlicher Snack. Das gespickte Rahmherz mit Bröselknödel zeigt, wie herzlich auch Innereien behandelt wurden. Selbst vermeintliche Trends gab es in Wien schon mal. Nur eben früher: mit Sasak bestellt man "Pulled Pork" als zerpflücktes Schweinefleisch mit Türkenpfeffer (= Paprika) und Radieschen. Schwein hat man mit diesen Wiederentdeckungen.
Für ein Dessert gibt es immer Platz. Das galt auch an der Donau - zahlreiche Süßspeisen wurden entwickelt. Die Mehlspeisküche zählte im Katholizismus nicht zu den Fleischgerichten und war auch an Fasttagen erlaubt. Mehlspeisen waren in Wien wohlgemerkt Teil der Mahlzeit und nicht bloß Nachspeise. Auf Genuss verzichtet man in Österreich nie. Mit den sonnenverwöhnten Obstgärten der Wachau wurden viele Wiener Süßspeisen durch Früchte perfekt. Insbesondere Marillen und den "Wiener Wäschermadln": Anstelle der Kerne wird eine Marzipankugel in die Marille eingesetzt und die in Backteig eingehüllte Frucht in heißem Fett braun gebacken.
Ein anderer berühmter Name am Nachtisch ist Rigó Jancsi, benannt nach einem ungarischen Geiger der durch eine kurzlebige Ehe mit einer Millionärstochter berühmt wurde. Ein zweilagig glasierter Schokoladenkuchen, gefüllt mit einer dicken Schokocremé und ein Happy End für die Welt der Mehlspeisen. König der Mehlspeisen ist selbstverständlich der Strudel, den wir von den spanischen Habsburgern bekommen haben und gleich vielfältig füllten. Apfel- , Schokolade-, Milchrahm- und Himbeerstrudel gab es genauso wie Krebs-, Parmesan- und Mandelstrudel. Das um und auf ist für jede Fülle das kräftige Auseinanderziehen des Teigs. Wie dünn muss der dafür sein? Dünner als man denkt - ein echter Strudelteig soll so dünn sein, dass man Schrift dadurch lesen kann. Bevor man jetzt gleich loslegt und den Teig über diese Zeilen hält - das lässt sich besser beim Strudelkurs in unserer Schauküche probieren.
Eis ist ja auch so eine Ehe der Monarchie. Seitdem wir es kennen, lieben wir in Wien das Gefrorene heiß. Übernommen haben wir es von Italienern, die sich ab 1690 aus den Dolomiten nach Wien aufgemacht haben, um uns den eiskalten Genuss mit saisonalen Ständen zu bringen. Die Wiener Zuckerbäcker wehrten sich und forderten fixe Standorte für die Eisverkäufer.
Daraufhin öffneten die ersten Eisdielen ihre Türen und veränderten das Stadtbild für immer. Das Eis war gebrochen und Gefrorenes fand sich danach schnell in Kochbüchern als passendes Dessert für jede noch so festliche Mahlzeit. Bei uns im Restaurant Meissl & Schadn genießt man heute eine Créme du jour wie das Erdbeergefrorene oder Veilchensorbet á la Sisi.
Der stolzen Küchentradition im alten Wien entsprechend entwickelte sich eine eigene Küchensprache in den Restaurants. Hier wurden aus Kolonien und Kronländern zahlreiche Begriffe wie Kukuruz, Kümmel oder Fogosch gepflückt. Vom Hendl zu Fisolen konnte lang an den österreichischen Begriffen festgehalten werden, da sie auch Fachbegriffe in der gehobenen Küche waren.
Ab 1772 hatten die Wiener Köche Angst, ihre Sprache durch Internationalisierung zu verlieren. Meist waren es deutsche Begriffe, die in Wien sprachliche Eigenheiten ersetzen wollten. Immer wieder stieß man sich an deutschen Begriffen wie lecker, Konfitüre oder Kartoffeln. Ruhe und teils vergessene Wörter der Wiener Küchen bewahren wir gerne.
Warum Tomaten, wenn es denn Paradeiser sind? Und Erdäpfel klingt bei weitem schöner als Kartoffeln. Unsere Kellner übersetzen gerne vor der Bestellung.